News

FOTO: FRAN­CISCANS INTERNATIONAL

1. Febru­ar 2024

Evangelium und Menschenrechte heute

Die Ver­bin­dung zwei­er Regel­wer­ke: Der ehe­ma­li­ge Geschäfts­füh­rer von Fran­ciscans Inter­na­tio­nal, Br. Mar­kus Hein­ze, über die Ordens­re­gel und die All­ge­mei­ne Erklä­rung der Menschenrechte.

In die­sem Jahr fei­ern wir die Jubi­lä­en von zwei «Regel­wer­ken», die uns als fran­zis­ka­ni­sche Fami­lie von gro­ßer Bedeu­tung sind: Am 29. Novem­ber 1223 wur­de die Regel des Fran­zis­ka­ner­or­dens von Papst Hono­ri­us III. aner­kannt und am 10. Dezem­ber 1948 ver­kün­de­te die Gene­ral­ver­samm­lung der Ver­ein­ten Natio­nen die All­ge­mei­ne Erklä­rung der Menschenrechte.

Obwohl bei­de Daten, 29. Novem­ber und 10. Dezem­ber, sehr nah bei­ein­an­der lie­gen, so sind es eben doch mehr als sie­ben Jahr­hun­der­te, die sie von­ein­an­der tren­nen. Und es sind nicht nur die Anzahl der Jah­re, die die Tex­te unter­schei­den: Ein wesent­li­cher und fun­da­men­ta­ler Unter­schied besteht in dem Cha­rak­ter des Tex­tes: han­delt es sich doch bei dem einen um eine Regel, also um Vor­schrif­ten und Pflich­ten und dies für ledig­lich eine klei­ne Grup­pe von Män­nern, die eine bestimm­te Lebens­wei­se frei­wil­lig wäh­len, wäh­rend es eben bei dem ande­ren Text um uni­ver­sa­le Rech­te geht; Rech­te, die jedem ein­zel­nen Men­schen zukom­men auf­grund sei­nes Menschseins.

Evan­ge­li­um und Menschenwürde

Was aber ist das Ver­bin­den­de die­ser bei­den Tex­te über das Datum hin­aus und was die Bedeu­tung für uns als fran­zis­ka­ni­sche Fami­lie? Wenn wir die Tex­te ver­su­chen auf jeweils einen Kern­be­griff zu brin­gen, kön­nen wir ihre Gemein­sam­keit ent­de­cken und auch die Bedeu­tung und den Anspruch an uns als Fran­zis­ka­ne­rin­nen und Fran­zis­ka­ner. Es sind die Begrif­fe Evan­ge­li­um und Men­schen­wür­de. Bei der Regel des Fran­zis­ka­ner­or­dens geht es dar­um, «das Evan­ge­li­um zu beob­ach­ten», und bei der Erklä­rung der All­ge­mei­nen Men­schen­rech­te um die «Ach­tung der Men­schen­wür­de» eines jeden Men­schen. Die Wür­de des Men­schen und das Evan­ge­li­um sind auf das engs­te mit­ein­an­der ver­wo­ben und damit auch von grund­le­gen­der Bedeu­tung für die fran­zis­ka­ni­sche Spi­ri­tua­li­tät und Lebensweise.

Jesus erläu­tert in sei­ner «Pri­miz­pre­digt» in sei­ner Hei­mat­syn­ago­ge in Naza­reth, wor­in sei­ne Sen­dung besteht: «Der Geist des Herrn ruht auf mir; / denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, / damit ich den Armen eine fro­he Bot­schaft brin­ge; damit ich den Gefan­ge­nen die Ent­las­sung ver­kün­de / und den Blin­den das Augen­licht; damit ich die Zer­schla­ge­nen in Frei­heit set­ze und ein Gna­den­jahr des Herrn aus­ru­fe.» (Lk 4,18)

Damit macht Jesus zum einen deut­lich, wer die bevor­zug­ten Adres­sa­ten sei­ner Fro­hen Bot­schaft, des Evan­ge­li­ums sind: die «Armen». Wir wür­den heu­te viel­leicht auch sagen, jene, die von der Gesell­schaft aus­ge­grenzt sind und dis­kri­mi­niert wer­den. Bei der UNO spricht man oft auch von jenen, die beson­ders ver­letz­lich und ver­wund­bar sind. Zum ande­ren macht Jesus deut­lich, wor­in die­se fro­he Bot­schaft besteht: Ent­las­sung für die Gefan­ge­nen, Augen­licht für die Blin­den, Frei­heit für die Zerschlagenen.

Wei­ter­hin macht Jesus deut­lich, dass sich die­se Fro­he Bot­schaft «heu­te» ereig­net. Heu­te, das heisst im Leben und Wir­ken Jesu. Heu­te, das war auch das Heu­te in der Zeit von Fran­zis­kus und Kla­ra. In deren Wir­ken und Leben ereig­ne­te sich das Evan­ge­li­um. Und das Heu­te ist eben auch im Heu­te, in unse­ren Tagen. Über­all dort, wo wir das Evan­ge­li­um ver­kün­den in Wort und Tat.

Das Heu­te als Evangelium

Die Auf­lis­tung der Bei­spie­le in Jesu Rede ist nur exem­pla­risch für alle mög­li­chen Art und Wei­sen für Gerech­tig­keit und gegen Aus­gren­zung ein­zu­tre­ten. Sicher­lich kön­nen wir sagen, es sind Bei­spie­le, die für die gesam­te Lis­te der Men­schen­rech­te ste­hen. So ereig­net sich auch in der Ver­tei­di­gung der Men­schen­rech­te und der Men­schen­wür­de durch die Arbeit der UNO sowie der unzäh­li­gen Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen das Heu­te des Evan­ge­li­ums. Dar­um sehen wir dies als unse­re Pflicht und als eine Wei­se unse­re fran­zis­ka­ni­sche Beru­fung zu leben: die Ver­tei­di­gung der Men­schen­rech­te bei der UNO.

Als sich die Fran­zis­ka­ni­sche Fami­lie ent­schied sich bei den Ver­ein­ten Natio­nen zu enga­gie­ren und den Antrag auf Akkre­di­tie­rung stell­te, sag­te der dama­li­ge Assis­tent des Gene­ral­se­kre­tärs der Ver­ein­ten Natio­nen, Robert Mull­er: «War­um haben Sie so lan­ge dazu gebraucht? Wir haben auf Sie gewar­tet.» Der frü­he­re Gene­ral­mi­nis­ter der Fran­zis­ka­ner und der­zei­ti­ge Prä­si­dent des Inter­na­tio­na­len Vor­stan­des von FI, Micha­el Per­ry, sag­te aus Anlass des 30-jäh­ri­gen Jubi­lä­ums von FI: «Die in der Grün­dungs­ur­kun­de der UNO ver­an­ker­ten Grund­wer­te spie­geln das Enga­ge­ment von Fran­zis­kus und Kla­ra für Frie­den, für die Armen und den Pla­ne­ten wider. Ein Enga­ge­ment, das uns in die Pflicht nimmt.»

Es ist also mehr als nur das Datum, das die­se bei­den grund­le­gen­den Regel­tex­te in die Nähe zuein­an­der rückt. Es ist die grund­le­gen­de Bot­schaft und Mis­si­on: das Evan­ge­li­um zu beob­ach­ten durch die Ver­tei­di­gung der Men­schen­wür­de und Men­schen­rech­te. Mögen die­se bei­den Jubi­lä­en uns von neu­em moti­vie­ren und inspirieren.

 

Fran­ciscans Inter­na­tio­nal (FI) ist eine gemein­nüt­zi­ge, inter­na­tio­na­le Nicht­re­gie­rungs-Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­ti­on, die 1989 gegrün­det wur­de. Br. Mar­kus Hein­ze (gebo­ren 1960) ist Fran­zis­ka­ner und war von 2013 bis 2023 Geschäfts­füh­rer der von FI, der „Stim­me der fran­zis­ka­ni­schen Gemein­schaf­ten bei den Ver­ein­ten Nationen“. 

KAPNEWS

Der News­let­ter der Kapuziner
Wol­len Sie über die Kapu­zi­ner und ihr Enga­ge­ment aktu­ell infor­miert blei­ben? Dann mel­den Sie sich kos­ten­los für unse­re monat­li­chen „KAPNEWSan.
www.kapuziner.de/newsletter

START­SEI­TE
KAPNEWS

Der News­let­ter der Kapuziner
Wol­len Sie über die Kapu­zi­ner und ihr Enga­ge­ment aktu­ell infor­miert blei­ben? Dann mel­den Sie sich kos­ten­los für unse­re monat­li­chen „KAPNEWSan.
www.kapuziner.de/newsletter